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Katholische Erwachsenenbildung

Anfänge

Die Anfänge katholischer Volksbildung reichen in Wien mit der Gründung einiger Lesevereine und Volksbüchereien, die mit dem Namen des Redemptoristenpaters Clemens Maria Hofbauer verbunden sind, in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Um die Jahrhundertmitte folgten der „Severinus-Verein“, der „Österreichische Volksschriftenverein“ und der „St. Vinzenz-Leseverein“ als Trägervereine für Volksbüchereien. Im Jahr 1859 wurde der „Katholische Damen-Leseverein“ gegründet, der sich späterhin in „Katholischer Leseverein für alle Stände“ umbenannte.

Im Kampf gegen Laizismus und Säkularisierung

Unter dem Pontifikat Leos XIII. ging die katholische Kirche Österreichs, unterstützt von ihrem weltlichen Arm, der Christlichsozialen Partei, entschlossen gegen die Laisierung und Säkularisierung der Gesellschaft vor, wie sie vom liberalen Bürgertum und der sozialdemokratischen Arbeiterschaft betrieben wurde. Eine der ersten Maßnahmen in dieser Richtung war die Gründung der österreichischen Leo-Gesellschaft. In Abständen von wenigen Jahren abgehaltene Katholikentage mobilisierten die katholische Bevölkerung und stellten gesellschafts- und religionspolitische Themen in den Vordergrund. So wurde auf dem IV. Katholikentag 1896 die Forderung nach einer katholischen Universität erhoben. Auf dem VI. Katholikentag 1907 stand der weltanschauliche Kampf um die Hochschulen im Mittelpunkt.

Der „Volksbund“

Der V. Katholikentag 1905 initiierte die Gründung eines „Zentralkomitees“ zur organisatorischen Erfassung aller österreichischen Katholiken. Drei Jahre später gab sich dieses Zentralkomitee den Namen „Katholischer Volksbund“. Im Jahr 1919 vereinigte er sich mit dem ebenfalls 1905 zur Förderung der katholischen Presse gegründeten, nach Pius IX. benannten „Pius-Verein“ zum „Volksbund der Katholiken Österreichs“. Der Volksbund errichtete ein gesondertes Volksbildungsreferat und nützte das Netzwerk der katholischen Pfarren als Plattform seiner landesweiten Bildungsaktivitäten. Neben Themen aus den Human- und Sozialwissenschaften sowie der katholischen Religion bot er auch Vorbereitungslehrgänge für die Matura an.

Die katholische Aktion

Neuen Schwung erhielt die katholische Volksbildung durch Pius XI. (1922-1939), der in seiner Antrittsenzyklika den Gedanken des Laienapostolats entwickelte. Die Gläubigen wurden zur Mitwirkung an der Vertiefung und Verbreitung des Glaubens und zur Beteiligung an den „heiligen Kämpfen“ der Zeit aufgerufen. Er prägte dafür den Ausdruck „Katholische Aktion“ (azione cattolica). In der Folge entstand, dem ständischen Gesellschaftsmodell des Katholizismus entsprechend, eine Vielzahl von Vereinen, die jeweils verschiedene Zielgruppen ansprachen: Bauern, Arbeiter, Lehrlinge, Akademiker, Frauen, Jugend und dergleichen mehr. Aufgabe dieser Vereine war es, dem sozialdemokratischen und später auch nationalsozialistischen Einfluss entgegenzutreten und ihn zurückzudrängen. Volksbildnerische Maßnahmen spielten hierbei eine nicht unbeträchtliche Rolle. Besonderes Gewicht kam der Jugendarbeit zu. Der „Christlich-deutsche Studentenbund“ und später der Bund „Neuland“, beide geprägt von Karl Rudolf und Michael Pfliegler, bemühten sich um eine Zurückholung der der Kirche entfremdeten großstädtischen Bevölkerung.

Nicht unmittelbar aus der katholischen Aktion hervorgegangen, stand die Heimvolkshochschul-Gründung durch Josef Steinberger (1921 in St. Martin bei Graz) dennoch mit dieser in enger Zusammenarbeit. Nach dem Vorbild St. Martins gründete 1929 das Unterrichtsministerium das Volksbildungshaus Hubertendorf bei Blindenmarkt in Niederösterreich. Beide Bildungsheime dienten der ländlich-konfessionellen Volksbildung mit dem Ziel, das Selbstbewusstsein der bäuerlichen Bevölkerung zu stärken. Bildungsinhalte waren die Pflege des Volksbrauchtums, Gefühlsbildung, religiöse Vertiefung, aber auch die Hebung der beruflichen Qualifikation der Landbevölkerung.

Vom Geist der katholischen Aktion getragen war der 1928 in Salzburg gegründete Österreichische Borromäusverein, der das katholisch ausgerichtete Volksbüchereiwesen förderte und bis 1937 375 Büchereien einrichtete.

Die Machtergreifung des Nationalsozialismus führte zur Auflösung des weit verzweigten katholischen Volksbildungswesens.


Neubeginn nach 1945

Der Wiederaufbau der katholischen Erwachsenenbildungsorganisationen begann im Jahr 1946 in den westlichen Bundesländern, im Jahr 1947 folgte auch Wien. Teilweise in Verbindung mit der wiederbelebten Katholischen Aktion, teilweise als selbstständige Vereine in enger Zusammenarbeit mit der Diözese wurde ein Netz von „Bildungswerken“ aufgebaut. Bildungsziel war und ist weniger die Vermittlung von abstrakten Wissensinhalten, sondern die konkrete Arbeit mit und für Gruppen und Gemeinwesen im Lichte der katholischen Glaubenslehre. Eine wesentliche inhaltliche Neuausrichtung brachte der Mariazeller Studientag 1952, der im Geiste des Katholikentages und der „Mariazeller Erklärung“ desselben Jahres eine Lösung der bisher engen Verbindung von katholischer Kirche und Politik auch in den Bildungszielen bei gleichzeitiger Betonung des Kultur- und Bildungsauftrages der katholischen Kirche herbeiführte.

Dem Bedürfnis nach einer Plattform für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch Rechnung tragend und auch im Sinne der Effizienzsteigerung der katholischen Erwachsenenbildung schlossen sich die verschiedenen katholischen Bildungswerke im Jahr 1954 zur „Arbeitsgemeinschaft katholischer Bildungswerke“ zusammen. Im Jahr darauf trat die Arbeitsgemeinschaft dem „Ring österreichischer Bildungswerke“ bei, dem auch Bildungswerke in evangelischer und staatlicher Trägerschaft angehören.

Nach dem II. Vaticanum

Das II. Vatikanische Konzil und der von ihm ausstrahlende neue Geist – Stichwort „aggiornamento“ (= Anpassung an die neue Zeit) – wirkten sich sowohl inhaltlich als auch organisatorisch auf die katholische Erwachsenenbildung aus. Den neu eingerichteten Pfarrgemeinderäten wurden überwiegend die Agenden der Erwachsenenbildung übertragen. Die Folgen waren einerseits eine Intensivierung der Bildungsaktivitäten über das landesweite Netzwerk der katholischen Pfarren in Österreich und andererseits ein näherer Bezug der Bildungsarbeit zu den Belangen der jeweiligen Pfarre.

Eine weitere Bündelung der Bildungsaktivitäten der katholischen Erwachsenenbildung erfolgte im Jahr 1963 durch die Gründung der „Bundesarbeitsgemeinschaft für Katholische Erwachsenenbildung“ (BAKEB), in der neben den Bildungswerken auch das Österreichische Bibliothekswerk, die Katholische Sozialakademie Österreichs, die Arbeitsgemeinschaft der katholischen Bildungsheime, die Fernkurse für theologische Laienbildung und andere mehr vertreten sind.

Bildungsziel

Auch das Bildungsziel der katholischen Erwachsenenbildung wurde im Geiste des II. Vaticanums neu formuliert und umfasst den Erwerb eines geistigen Ordnungsbildes, die Bildung eines sich an objektiven Kriterien orientierenden Gewissens sowie die Ausbildung der Fähigkeit zu kritischem Denken, sachgerechtem Urteilen, sittlich richtigem Entscheiden und verantwortungsbewusstem Handeln.

Weiterführende Literatur:

Das Volksbildungswesen der Stadt Wien unter Bürgermeister Richard Schmitz in den Jahren 1934-1936, Wien 1937.

Mittermayr, Franz: Katholisches Bildungswerk. Die Bildungswerkarbeit und ihre Grundlagen, Wien 1962.

Wenisch, Ernst: Zur Situation der katholischen Erwachsenenbildung in Österreich seit 1945, Wien o. J. (1964).

Sankt_Martin Die erste katholische Heimvolkshochschule Österreichs in Sankt Martin bei Graz