Lise Meitner
1878-1968
Die Tochter eines wohlhabenden jüdischen Rechtsanwalts wurde in Wien geboren und protestantisch erzogen. Nach der Ausbildung zur Französischlehrerin bestand sie 1901 die Externistenmatura am Akademischen Gymnasium und studierte Mathematik und Physik an der Universität Wien unter anderem bei Ludwig Boltzmann. Ein Jahr nach der Promotion und nach ersten Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Radioaktivität wechselte sie 1907 nach Berlin, um bei Max Planck weiterzustudieren. Frauen waren in Preußen bislang noch nicht zum Studium zugelassen, auch auf dem Weg ins Labor hatte sie Widerstand zu überwinden. In dem Chemiker Otto Hahn fand sie einen Unterstützer und einen kongenialen Forschungspartner, mit dem sie gemeinsame Untersuchungsergebnisse veröffentlichte. 1912 wurde sie Max Plancks Assistentin, ein Jahr später wissenschaftliches Mitglied des neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie, ihre Tätigkeit als Gast blieb jedoch unbezahlt. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete Lise Meitner als Röntgenschwester in einem Frontlazarett und kehrte auf Drängen Hahns 1917 an das Institut zurück. 1922 habilitierte sie sich als erste Frau an der Universität Berlin, erst 1926 erhielt sie jedoch die außerordentliche Professur. 1933 verlor sie als Jüdin die Lehrbefugnis, 1938 floh sie über Holland nach Schweden und wurde in Stockholm am Nobel-Institut tätig, bis sie 1947 eine Professur an der Technischen Hochschule erhielt. Nach ihrer Emeritierung übersiedelte sie 1960 nach England. Sie starb in Cambridge.
Meitners Forschungsgebiet umfasste die Kernphysik und die Radioaktivität. Gemeinsam mit Otto Hahn entdeckte sie das Element Protactinium und mehrere radioaktive Isotope. Auch zur Entdeckung der Kernspaltung trug sie entscheidend bei, dennoch wurde Hahn 1946 allein mit dem Nobel-Preis ausgezeichnet.
Die Physikerin war in ihrer Heimatstadt Wien der Volksbildung verbunden: Nach ihrer Promotion trug sie im
Wiener Volksbildungsverein und in der
Volkshochschule Volksheim Ottakring vor, nach der Habilitation an der
Wiener Urania.