Mehr Tabu als Sex? Die Menstruation im Porträt |
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23. Radiopreis, 2020 Sparte Bildung (Eduard Ploier Preis) |
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Sendeleiste: | Radiokolleg | |
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Sender: | ORF/Ö1 | |
Personen: | MMag.a Tanja Rogaunig | |
Ausstrahlungsdatum: | 01.2020 | |
Sendedauer: | 52 Minuten | |
Inhalt: | Die Menstruation betrifft die Hälfte der Menschheit. Trotzdem wird über die Monatsblutung mehr peinlich geschwiegen als offen gesprochen. Erst 2019 wurde in sozialen Netzwerken gegen ein Perioden-Emoticon in Form eines roten Bluttropfens protestiert. Und eine repräsentative Umfrage der Wiener Menstruations-Informationsplattform "Erdbeerwoche" unter 1.100 österreichischen Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren aus dem Jahr 2017 ergab nicht nur gewaltige Wissenslücken rund um das Thema, sondern förderte auch ein negatives Bild der Regel zutage. 60 Prozent der Mädchen gaben an, eine negative Einstellung zu ihrer Menstruation zu haben und 70 Prozent der Burschen fanden das Thema "unwichtig" und "peinlich". Dass über die Regel nicht gesprochen wird, hat lange Tradition. Bereits das Alte Testament deklarierte die Menstruation als Unreinheit. Auch in anderen religiösen Schriften wird die menstruierende Frau als utabu erklärt. In Indien ist Frauen im gebärfähigen Alter der Zutritt zu vielen Tempeln nach wie vor verboten. Außerdem werden sie, wie auch in manchen Gegenden Nepals, während ihrer Tage in Menstruationshütten verbannt. In Europa griff im 20. Jahrhundert die Intimhygiene-Industrie das Reinheitsgebot auf. Binden und Tampons wurden mit Slogans wie "sauber und sicher" beworben. Nach wie vor wird Diskretion großgeschrieben. Anstelle von Menstruationsblut ist es in Werbespots üblich eine blaue Ersatzflüssigkeit zu zeigen. Vor allem Hersteller von nachhaltigen Damenhygieneprodukten wie Bio- Binden oder Menstruationstassen bemühen sich seit einigen Jahren um eine schambefreite und offene Kommunikation: "Menstruation ist normal. Sie zu zeigen sollte es ebenso sein", lautet etwa ein Slogan. Auf Social-Media-Kanälen rufen Aktivistinnen unter dem Hashtag #periodpride zu einem stolzen Umgang mit der Periode auf. Für meine vierteilige Sendereihe habe ich mit GynäkologInnen darüber gesprochen, was während der Periode im Körper eigentlich passiert. Mädchen und Frauen haben mir von ihrer ersten Regel erzählt und berichtet, wie es ihnen während ihrer Tage geht. Stimmungs- und Leistungsschwankungen waren genauso Thema wie Hygieneartikel, Regelschmerzen, Aufklärung und der Umgang mit mit Sex während der "kritischen Tage". Meine Interviewpartnerinnen und -partner haben entwaffnend offen über ihr körperliches Empfinden, ihre Wissenslücken, aber auch über die Scham, die das Thema immer noch auslöst, gesprochen. Die Sendung macht deutlich, wie fremd, ja unheimlich vielen Frauen wie Männern der eigene Körper ist und wie wichtig es wäre, die Menstruation, genauso, wie andere körperliche Vorgänge, eingebettet in historische und gesellschaftspolitische Bezüge, möglichst konkret und offen zu besprechen. Insofern betrachte ich diese Einreichung als wichtigen Beitrag zu einem unverkrampften, selbstbestimmten und aufgekärten Umgang mit dem eigenen Körper, als Anstoß diesen mit der gebotenen Neugier kennenzulernen und zu erkunden. |
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