Elias Canetti
1905-1994
Als Sohn sephardischer Juden wurde Elias Canetti in Rustschuk in Bulgarien geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er in England, Österreich, der Schweiz und in Deutschland. Die deutsche Sprache, in der er seine Werke verfasste, lernte er erst mit acht Jahren, als vierte Sprache nach Spaniolisch, Englisch und Französisch.
Seine außergewöhnliche Kindheit beschreibt Canetti im ersten Teil seiner Autobiografie „Die gerettete Zunge“ (1977). In Wien studierte er von 1924 bis 1929 Chemie und erfuhr nachhaltige literarische Anregungen durch das Vorbild des Sprachkritikers Karl Kraus und durch die Freundschaft zu Hermann Broch. Das Erlebnis des Brandes des Wiener Justizpalastes 1927 bei einer Arbeiterdemonstration war für ihn der bleibende Eindruck eines Massenphänomens und lieferte die erste Anregung zu seiner essayistischen Gesellschaftstheorie „Masse und Macht“ (1960), wie er im zweiten Teil seiner Erinnerungen „Die Fackel im Ohr“ (1980) festhielt. Die
Volkshochschule Volksheim Ottakring bot Canetti in den dreißiger Jahren ein Forum, um seine Werke vorzustellen. 1934 heiratete er Veza Taubner-Calderon. Auch Veza Canetti wurde später als Schriftstellerin bekannt. 1938 zur Emigration gezwungen, übersiedelte das Ehepaar nach London. Als Zweitwohnsitz wählte Canetti Zürich, wo er auch starb.
Neben den Dramen „Die Hochzeit“ (1932), „Komödie der Eitelkeiten“ (1950) und „Die Befristeten“ (1964) ist sein Roman „Die Blendung“ (1935) sein bedeutendstes Werk. 1981 erhielt Canetti den Nobelpreis für Literatur.
Weiterführende Literatur:
Franz Schuh, Schreiben gegen den Tod. In: John Pattillo-Hess, Der Stachel des Befehls. IV. Canetti Symposion (= Referate des 4. Internationalen kulturanthropologisch-philosophischen Canetti–Symposiums, 25.-28. April 1991, Wiener Urania; hrsg. v. Kunstverein Wien), Wien: Löcker Verlag 1992, S. 44-56.