Friedrich Jodl
1849-1914
Friedrich Jodl wurde als Sohn einer Beamtenfamilie in München geboren, wo er auch studierte. Mit 31 Jahren habilitierte er sich an der Universität München für Philosophie und machte daraufhin rasch Karriere. Als ordentlicher Professor wurde er nach Prag berufen, 1896 erhielt Jodl einen Lehrstuhl an der Universität Wien. Er wurde Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und die Wiener Philosophische Gesellschaft kürte ihn von 1903 bis 1912 zu ihrem Obmann.
Jodls philosophisches Hauptinteresse galt der Ethik. Seine zweibändige „Geschichte der Ethik“ gilt als sein Hauptwerk, mit dem er philosophisch-historische Grundlagenarbeit geleistet hat. Wissenschaftstheoretisch war er um eine kritisch-realistische, positivistische, jedenfalls metaphysik- und religionsfreie Position bemüht. Als Freidenker und Präsident des Monistenbundes betrachtete Jodl eine wissenschaftlich begründete Ethik als ausreichende moralische Richtschnur. Auf universitärem Boden bezog er neben Ludo Moritz Hartmann oder Richard Wettstein als einer der wenigen Professoren seiner Zeit klar Stellung gegen die Bemühungen Karl Luegers um eine „Rekonfessionalisierung“ der akademischen Forschung und Lehre und trat insbesondere im Zusammenhang der sogenannten Wahrmundaffäre 1907 aktiv hervor.
Außerhalb der Universität engagierte sich Jodl besonders in der frühen Volksbildung, die für ihn eine ethische Verpflichtung darstellte. Er hielt schon in München populärwissenschaftliche Vorträge, tat sich volksbildnerisch in Prag hervor und wurde in Wien 1898 zum Obmann des
Wiener Volksbildungsvereines gewählt, der unter seiner zwölfjährigen Leitung einen beträchtlichen Aufschwung nahm und am 10. Jänner 1909 ein eigenes Haus in der Stöbergasse in Betrieb nehmen konnte - das spätere Polycollege Stöbergasse. In zahlreichen Reden legte er sein Bildungsverständnis dar. Aufgrund gesundheitlicher Probleme trat Jodl 1910 als Obmann zurück und wurde daraufhin Ehrenobmann des Vereins.
Weiterführende Literatur:
Herbert Frank, Friedrich Jodl (1849-1914). Seine Lehre und seine Rolle in der bürgerlichen Reformbewegung Österreichs und Deutschlands, Diss., Univ. Freiburg 1970, 207 Bl.
Wilhelm Börner, Friedrich Jodl. Eine Studie. Mit einer Charakteristik Friedrich Jodls als Anhang von Hugo Spitzer, Stuttgart: Verlag Cotta 1911, 149 S.
Friedrich Jodl, Der österreichische Hochschulkampf im Sommer 1908. Der Klerikalismus und die Universitäten, Innsbruck: A. Edlinger´s Verlag 1908, S. 5-65.
Friedrich Jodl, Was heißt Bildung? Nach einem Vortrage, gehalten am Eröffnungstage des Volksbildungshauses, Wien, V. Stöbergasse 11, am 10. Jänner 1909. Zit. in: Das Wissen für Alle, IX. Jg. 1909, S. 65-70.