Autor/in: | Filla, Wilhelm |
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Titel: | Erwachsenenbildung in Österreich im Prozess der Veränderung und Modernisierung |
Jahr: | 2006 |
Quelle: | Lifelong Learning in Europe (LLIne), 11.2006: englische Textfassung |
Wie in vielen Länden befindet sich die Erwachsenenbildung in Österreich in einem tief greifenden Prozess der Veränderung und Modernisierung. Charakteristika dieses Prozesses sind die enorme institutionelle Auffächerung, die zunehmende Durchsetzung von Qualitätssicherung und –entwicklung als gemeinsames Ziel unterschiedlicher Einrichtungen, vielfältige Programminitiativen, aber auch die zunehmende Ökonomisierung. Gleichzeitig wird die „Landschaft“ von Erwachsenenbildung immer unübersichtlicher. Der alte, in Österreich besonders ausgeprägte und institutionell verankerte Gegensatz von allgemeiner und beruflicher Erwachsenenbildung ist in der Theorie weitgehend überwunden und in der Praxis im Schwinden begriffen. Seit Beginn der neunziger Jahre ist überdies eine ausgeprägte Professionalisierungstendenz unverkennbar.
Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 wird die Internationalisierungstendenz in der Erwachsenenbildung stärker. Die traditionell dominierende institutionelle Perspektive der Erwachsenenbildung wird im Zuge der Forcierung des lebenslangen Lernens durch eine stärkere Orientierung an den Lernenden ergänzt. Die Anerkennung informell erworbener Kompetenzen wird seit der Jahrhundertwende mehr und mehr zu einem Thema der institutionalisierten Erwachsenenbildung und wird diese auch verändern – mit welcher Intensität und Nachhaltigkeit ist noch offen.
Erwachsenenbildung wird in Österreich komplexer und zugleich unübersichtlicher und widersprüchlicher.
Diese gerafft und exemplarisch angeführten Entwicklungstrends lassen sich an einzelnen Fragestellungen und Bereichen der Erwachsenenbildung differenzierter und anschaulicher darstellen.
„Institutionenlandschaft“
Nach einer erstmals 2004 durchgeführten Erhebung gibt es in Österreich 1.755 rechtlich selbständige Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Diese Zahl ist aber definitionsabhängig. (Vgl. Schlögl, 2004) Im Zentrum der immer vielfältigeren „Institutionenlandschaft“ stehen zehn österreichweit tätige Verbände mit ihren lokalen und regionalen Mitgliedseinrichtungen. Im „Bundesgesetz vom 21. März 1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln“ sind im Wesentlichen nur diese zehn Verbände explizit angeführt. Es handelt sich - in Kurzform - um die Bildungshäuser, das Berufsförderungsinstitut (arbeitnehmernahe), das Ländliche Fortbildungsinstitut, (arbeitgebernahe in der Landwirtschaft), die Bildungswerke (eher im ländlichen und kleinstädtischen Bereich tätig), den Büchereiverband, den Volkshochschulverband (eher im klein-, mittel- und großstädtischen Bereich tätig), das Wirtschaftsförderungsinstitut (arbeitgebernahe), die Volkswirtschaftliche Gesellschaft, die Gewerkschaftliche Bildung und die Katholische Erwachsenenbildung.
Die zehn sehr unterschiedlichen Verbände haben sich auf freiwilliger Basis und ohne rechtliche Grundlagen zu der 1972 als bloße Plattform gegründeten „Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs“ (KEBÖ) zusammengeschlossen. Sie stehen in einem widersprüchlichen Verhältnis zueinander, das sich mit Konkurrenz-Kooperation-Koordination beschreiben lässt.
Die Verbände und ihre Mitgliedseinrichtungen konkurrieren miteinander vor allem um Teilnehmer/innen, Ressourcen, öffentliche Anerkennung und um die „Lehrenden“, sie kooperieren aber auch miteinander bei gemeinsamen Projekten und in der Vertretung gemeinsamer bildungspolitischer Zielsetzungen. Vor allem das für Erwachsenenbildung zuständige „Bildungsministerium“ und auf Länderebene die Landesregierungen versuchen zunehmend, koordinierend zu wirken. Neben diesem noch immer dominierenden Sektor in der Erwachsenenbildung hat sich vor kurzem ein Verband privater Bildungsanbieter konstituiert
Rechtliche Grundlagen
Für Erwachsenenbildung sind in Österreich eine Vielzahl von Gesetzen relevant, auch solche im sozial- und arbeitsrechtlichen Bereich (Vgl. Lenz, 2005). Das „Erwachsenenbildungs-Förderungsgesetz“ aus dem Jahr 1973 ist bis heute das zentrale Gesetz, das allerdings eine Reihe von Schwächen aufweist. In diesem Gesetz ist insbesondere die Finanzierung von Erwachsenenbildung unverbindlich im Sinn von „Kann-Bestimmungen“ geregelt. Das Gesetz sagt nichts über die Höhe von Förderungen aus, formuliert aber auch keine konkreten qualitativen Anforderungen, die von Förderungswerbern erfüllt werden müssen. Das Gesetz wird der seit den siebziger Jahren erheblich ausgeweiteten „Institutionenlandschaft“ nicht gerecht. Die Erwachsenenbildung hat in Österreich keinen gesetzlich fixierten Anspruch auf öffentliche Mittel. Dementsprechend stellt die Finanzierung eines der Hauptprobleme der Erwachsenenbildung in Österreich dar.
Finanzierung
Wie in vielen europäischen Ländern lässt sich in Österreich die Finanzierung der Erwachsenenbildung mit dem Begriff „Mischfinanzierung“ beschreiben. Generell lassen sich drei Finanzierungsquellen unterscheiden:
• öffentliche, durch Staat, Länder und Gemeinden,
• halböffentliche, durch vom Staat ausgelagerte Einrichtungen wie das Arbeitsmarktservice (früher Arbeitsmarkverwaltung) oder gesetzliche Interessensvertretungen wie die „Kammern“ und
• private, durch Betriebe und die Teilnehmer/innen.
Dazu sind noch die Mittel zu zählen, die von der Europäischen Union, insbesondere aus dem Europäischen Sozialfonds und Projektaktionen kommen.
Wie viele Mittel für Erwachsenenbildung in Österreich insgesamt aufgewendet werden, war bis Ende des vorigen Jahrhunderts nicht bekannt. Erst im Zuge der von der OECD initiierten Länderberichte zur Erwachsenenbildung wurde erstes Licht ins Dunkel gebracht.
Eine konservative, das heißt vorsichtige Berechnung, in der alle jene Aufwendungen ausgeklammert werden, für die keine publizierten Daten vorliegen und die daher nicht einmal geschätzt werden, zeigt, dass mit Stand Ende 2003 zwischen 1.980 und 2.107 Millionen Euro für Erwachsenenbildung aufgewendet werden. (Vgl. Schlögl, Schneeberger, 2003)
Diese Mittel gliedern sich im Einzelnen folgendermaßen auf (in Millionen Euro):
Art der Mittel | Mittelaufbringung durch: | Beträge in Euro |
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Öffentliche | „Bund“ (= Staat): | 250 |
Länder und Gemeinden: | 80 | |
Öffentliche Mittel gesamt: | 330 | |
Halböffentliche | Arbeitsmarktservice: | 353 bis 465 |
(Beiträge auf gesetzlicher Basis) | (inklusive ESF-Mittel) | |
Halböffentliche Mittel gesamt: | 465 | |
Private | Unternehmen (geschätzt): | 505 bis 520 |
TeilnehmerInnen (geschätzt): | 792 | |
Private Mittel gesamt: | 1.312 | |
Aufwendungen gesamt: | 2.107 |
In den 330 Millionen Euro öffentliche Mittel sind auch Mittel für Schulen für Berufstätige (151,2 Millionen) und die Donauuniversität (Universität für Weiterbildung) mit 5,2 Millionen enthalten. Das für die Erwachsenenbildung zuständige „Bildungsministerium“ wendet – im Wesentlichen für die KEBÖ-Verbände und einige darüber hinausgehende Einrichtungen – 20,4 Millionen Euro auf. Das sind ungefähr 13 Prozent der Mittel allein für die Schulen für Berufstätige. Um diese immer wieder als gering bezeichneten Mittel wird seit Jahrzehnten eine Diskussion zwischen Erwachsenenbildung und „Bildungsministerium“ geführt. Dies umso mehr, als allein das „Landwirtschafts- und Umweltministerium“ für Erwachsenenbildung inklusive ESF-Mittel 18,2 Millionen Euro und damit nahezu soviel wie das „Bildungsministerium“ aufwendet.
Im Vergleich zum „Bund“ insgesamt sind die Mittel der Länder und Gemeinden weit geringer. Nicht inkludiert sind in den hier angeführten öffentlichen Mittel mangels publizierter Daten die Steuererleichterungen für Weiterbildungsaktivitäten der Betriebe und Teilnehmer/innen, die Weiterbildung der Lehrer/innen auf Landesebene, die Landesmittel für Fachhochschul-Studiengänge und die Weiterbildung der Landes- und Gemeindebediensteten. In den halböffentlichen Mittel sind die Weiterbildungsaufwendungen der gesetzlichen Interessensvertretungen (Kammern) nicht inkludiert.
Generell ist festzustellen, dass der überwiegende Teil der Erwachsenenbildung in Österreich privat durch Betriebe und die Teilnehmer/innen selbst finanziert wird. An der öffentlichen Finanzierung der Erwachsenenbildung entzündet sich immer wieder Kritik, gerade auch durch die OECD in den von ihr initiierten Studien. (Vgl. Ofner, Wimmer, 1998)
Ohne Kenntnis ihrer Finanzierungsbasis lässt sich Erwachsenenbildung nicht angemessen analysieren und beurteilen. Die konkrete Finanzierungsstruktur ist allerdings weit komplizierter als sie hier dargestellt werden kann. Insbesondere ist zu beachten, dass die neun Bundesländer und die Gemeinden sowie die Betriebe Erwachsenenbildung in sehr unterschiedlicher Weise finanzieren. Viele Gemeinden wenden dafür nichts oder kaum etwas auf, bei Betrieben ist es ähnlich.
Weiterbildungsbeteiligung
Zum Ausmaß der Beteiligung an non-formaler Erwachsenenbildung gibt es in Österreich die verschiedensten Angaben. (Vgl. Schneeberger, 2001) In Österreich gibt es kein mit dem „Berichtssystem Weiterbildung“ in Deutschland vergleichbares Erhebungsinstrumentarium, das im Drei-Jahres-Rhythmus die Weiterbildungsbeteiligung, differenziert nach beruflicher, allgemeiner und informeller Weiterbildung erhebt und damit über die Zeit hinweg vergleichbar macht. (Vgl. Kuwan, Gnahs, Seidel, 2000)
Eine 2004 veröffentlichte Erhebung von Statistik Austria (vormals Statistisches Zentralamt) auf der Basis des Mikrozensus vom Juni 2003 weist aus, dass 22 Prozent der Wohnbevölkerung über 15 Jahren in den letzen 12 Monaten vor der Erhebung an Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen haben. (Vgl. Statistik Austria, 2004) Eigene Studien auf der Basis von Repräsentativbefragungen bei 2.000 erwachsenen Personen weisen höhere Weiterbildungsbeteiligungen auf. Mindestens ebenso interessant wie die unterschiedlichen Weiterbildungsquoten ist die Frage nach dem Weiterbildungspotenzial, das heißt, ob jemand Weiterbildungsmaßnahmen besucht oder sich zumindest vorstellen kann, in absehbarer Zeit Weiterbildungsmaßnahmen zu frequentieren. Hier konnte ein Potenzial von 55 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ermittelt werden. Für 36 Prozent ist Weiterbildung nicht vorstellbar. Sie werden im Rahmen von Institutionen mit den herkömmlichen Instrumenten für Erwachsenenbildung kaum zu gewinnen sein. (Vgl. Filla, 2003 a)
In Österreich tendieren selbst die Weiterbildungsaktiven stark zu konventionellen Bildungsformen. Bei einer 2003 durchgeführten eigenen Erhebung konnten auf der Basis einer Repräsentativbefragung bei 36 Prozent Weiterbildungsaktiven festgestellt werden, dass sich in folgender Weise weiterbilden (vgl. Filla, 2003 b):
Weiterbildungsformen (-orte) | Anteile in % |
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Durch den Besuch von Kursen und /oder Seminaren | 78 |
Mittels Fachbücher und/oder Fachzeitschriften | 40 |
Durch den Besuch von Vorträgen | 38 |
Am Arbeitsplatz, im Betrieb | 33 |
Mit dem Internet | 25 |
Mit schriftlichem Lehr- und Schulungsmaterial | 20 |
Durch Bildungssendungen im Fernsehen | 17 |
Durch Auslandsreisen und -aufenthalte zu Bildungszwecken | 14 |
Mit Kasetten, CDs, CD-Roms, DVDs, Videos | 13 |
Mit Lernsoftware | 9 |
Durch Bildungssendungen im Radio | 7 |
Durch Fernlehrangebote | 4 |
Auffallend ist, dass bei den medialen Bildungsformen die traditionellen Print-Medien deutlich dominieren, wie überhaupt traditionelle Bildungsformen im Vordergrund stehen – und zwar sehr deutlich. Diese Präferenzstruktur dürfte sich seit 2003 nicht wesentlich verändert haben, wenngleich informations- und kommunikationstechnologisch basiertes Lernen auch in Österreich zunehmend an Bedeutung gewinnt – insbesondere bei den Jungen. Das wird auch als bildungspolitische Aufgabe an gesehen.
Was sich vermutlich kaum ändern wird, ist die völlige Marginalisierung des Fernunterrichts. Hier dürften spezifische kulturelle Faktoren eine Rolle spielen, worüber allerdings noch wenig geforscht wurde.
Die Beteiligung an Erwachsenenbildung ist zwischen Frauen und Männern nahezu gleich verteilt. Frauen nehmen aber deutlich weniger oft an beruflicher Weiterbildung teil. Das Partizipationsniveau steht in einem engen Zusammenhang mit dem formalen Bildungsniveau und dem Berufsstatus – je höher, desto mehr Weiterbildungsaktivitäten. (Vgl. Bauer, 2006 ) Die jahrzehntelang verbreitete These von der kompensatorischen Wirkung von Erwachsenenbildung hat keine Basis in der Empirie. Generell gesehen verstärkt Erwachsenenbildung soziale Ungleichheit und baut sie nicht ab.
Wie immer die Beteiligung an Erwachsenenbildung im non-formalen Sektor in Österreich berechnet wird, sie liegt deutlich unter den Vergleichswerten aus Nordeuropa, die, wie beispielsweise Finnland, auch über eine wesentlich entwickeltere und kohärentere Erwachsenenbildungspolitik verfügen. In Österreich beginnt die Problematik damit, dass Weiterbildungspolitik auf verschiedene Ministerien verteilt ist und dass es keine Regelung der Zuständigkeit für Erwachsenenbildung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen – Bund, Länder, Gemeinden – gibt. Als bildungspolitisches Thema ist Erwachsenenbildung in Österreich im Vergleich mit Schule und Universität völlig marginalisiert. Trotzdem kann auch für Österreich festgehalten werden, dass sich Weiterbildung und lebenslanges Lernen als sozio-kulturelles Verhaltensmuster in der Gesellschaft durchzusetzen beginnen.
Frequenz der Institutionen
Neben den Weiterbildungsquoten, mit denen die Teilnahme an Weiterbildung von Einzelpersonen dargestellt wird, gibt es die Frequenzzahlen der Weiterbildungseinrichtungen. Mit ihnen werden Teilnahmen und nicht Teilnehmer/innen gezählt. (Wer mehrere Weiterbildungsveranstaltungen besucht, wird mehrmals gezählt.)
Frequenzzahlen veröffentlichen allerdings nur die in der KEBÖ zusammengeschlossenen Verbände. Über die Frequenz der privaten kommerziellen und gemeinnützigen Einrichtungen gibt es keine österreichweiten Zahlen.
Von den Mitgliedseinrichtungen der KEBÖ-Verbände wurden nach der letzten Statistik für 2004 rund 172.000 Veranstaltungen durchgeführt. In Kursen, Seminaren und Workshops wurden rund 3.091.000 Teilnahmen gezählt. Dazu kommen noch rund 2 Millionen Besucher/innen von Einzelveranstaltungen der verschiedensten Art. Da auch die öffentlichen Büchereien (nicht die wissenschftlichen Bibliotheken) zur Erwachsenenbildung gezählt werden, sind auch deren Zahlen von Interesse. 2004 gab es 19,731.413 Entlehnungen. (Vgl. 19. KEBÖ-Statistik, 2006)
Hinter diesen Zahlen verbergen sich qualitative Stärken und Schwächen der Erwachsenenbildung, für die es im Einzelnen keine Zahlen gibt. Zu den Stärken zählen ein ausgebauter beruflicher Weiterbildungssektor und ein stark nachgefragtes Sprachenangebot. Allein die 272 Volkshochschulen bieten rund sechzig Sprachen an, die von 27 Prozent ihrer jährlich knapp 500.000 Kursbesucher/innen besucht werden.
Zu den Schwächen zählt die Marginalisierung der politischen Bildung. So sind bei den Volkshochschulen, die über die relativ besten und genauesten statistischen Daten verfügen, nach einer schon länger zurückliegenden Berechnung, an der sich seither nichts Wesentliches geändert hat, 0,76 Prozent des Gesamtangebots an Kursen und Veranstaltungen dem Bereich politische Bildung zuzuordnen. (Vgl. Knaller, 1993) Ein zweiter, wenig entwickelter Bereich ist die Alphabetisierung und die Vermittlung von Grundwissen. In Österreich gibt es keine wissenschaftlich fundierten Angaben über die Zahl der funktionalen Analphabet/innen. Die Angaben schwanken zwischen 300.000 und 700.000. Rechnet man die offizielle Zahl von 4 Millionen Analphabet/innen aus dem zehn Mal so großen Deutschland auf Österreich um, kommt man auf rund 400.000 Personen. Die Zahl der Personen, die sich gegenwärtig in Österreich in Alphabetisierungskursen befindet, liegt deutlich unter 1.000 und damit deutlich unter den Vergleichswerten in Deutschland oder der Schweiz.
OECD- Beurteilung der österreichischen Erwachsenenbildung
Defizite im Bereich der Alphabetisierung und der Erlangung von Grundbildung hat auch die OECD-Prüfung der österreichischen Erwachsenenbildung attestiert. (Vgl. OECD-Prüfbereicht, o. J.) Als weitere Probleme wurden im OECD-Prüfbericht unter anderem angeführt:
• die geringe Weiterbildungsintensität in Kleinbetrieben und bei Beschäftigten mit Zeitverträgen,
• die zu geringe Förderung der nicht beruflichen Erwachsenenbildung,
• der mangelnde Ausbau der Bildungsberatung,
• die mit hohem Aufwand finanzierten Schulen für Berufstätige unterscheiden sich in ihrer „lehrer-zentrierten Schulpädagogik“ kaum von herkömmlichen Schulen für Jugendliche,
• Fernlehre und e-Learning ist „unzulänglich“,
• die viel zu wenig entwickelte Erwachsenenbildungsforschung,
• generell mangelt es an einer „culture of evaluation“ und einer
• kohärenten Erwachsenenbildungspolitik.
Den aufgezeigten Schwächen stehen nach den OECD-Prüfer/innen auch einige Stärken gegenüber. Die Beteiligungsquote an beruflich orientierter Erwachsenenbildung ist relativ hoch und es besteht kein Mangel an beruflichen Weiterbildungsangeboten. Es gibt kaum Weiterbildungsbarrieren in diesem Bereich. Es werden auch die richtigen Zielgruppen mit Problemen der Arbeitsmarktintegration durch Weiterbildung angesprochen.
Größte Herausforderungen für die Zukunft
Wie in den meisten europäischen Ländern steht auch in Österreich der non-formale Sektor der Erwachsenenbildung vor großen Herausforderungen. Dazu zählen die Überwindung der angeführten Schwächen und eine Weiterbildungsfinanzierung, die längerfristige Entwicklungsperspektiven eröffnet.
Eine enorme Herausforderung liegt in der auch an die Erwachsenenbildung adressierten Frage: Wie hält man eine alternde Gesellschaft innovativ? Ein bereits mittelfristig immer drängender werdendes Problem, das von der Erwachsenenbildung als solches noch kaum erkannt wird, ist der gesamte Fragenkomplex der „Wissenschaftlichen Weiterbildung“ und der Positionierung der Erwachsenenbildung zu Wissensgenerierung und der Verbreitung wissenschaftlichen Wissens. In diesen Bereich, der historisch ein Aufgabengebiet der frühen modernen Erwachsenenbildung war, drängen mehr und mehr die Universitäten, die dafür über personelle Voraussetzungen, Ressourcen und auch Räumlichkeiten sowie das entsprechende Ansehen verfügen.
Gut vorbereitet ist die österreichische Erwachsenenbildung auf jene Anforderungen, die sich aus der Qualitätssicherung und –entwicklung ergeben. Allerdings wird in Zukunft die Weiterentwicklung einer spezifisch erwachsenenpädagogischen Qualifikation der in der Erwachsenenbildung Tätigen eine entscheidende Aufgabe darstellen. Nach Schätzungen sind in der Erwachsenenbildung rund 80.000 bis 100.000 Personen haupt- und nebenberuflich sowie ehrenamtlich tätig und das in unterschiedlichen Bereichen der „Lehre“ und des Managements sowie der Verwaltung, Unter der Federführung des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen wird derzeit am Großprojekt „Aufbau einer Weitebildungsakademie“ für Erwachsenenbildner/innen gearbeitet, dessen Realisierung neben der universitären Ausbildung von Erwachsenenbildner/innen zur Lösung der offenen Qualifikationsfrage beitragen sollte.
REFERENCES
Bauer, F., (2006) Chancengleichheit in der Weiterbildung. In: Weiterbildung, 2, pp. 37-39.
Filla, W., (2003 a) Das Potenzial institutionalisierter Erwachsenenbildung. In: Die Österreichische Volkshochschule, 210 (4), pp. 2-7.
Filla, W., (2003 b) Bevorzugte Weiterbildungsformen der Weiterbildungsaktiven. In: Die Österreichische Volkshochschule, 209 (3), pp. 6-23.
Knaller, H. (1993) Programmankündigungen zur politischen Bildung an österreichischen Volkshochschulen. In: Filla, W. u. a. (Ed.): Jahrbuch Volkshochschule 1992. Wien, pp. 50-74.
Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (2006) 19. KEBÖ-Statistik. Arbeitsjahr 2004. Wien.
Lenz, W., (2005) Porträt Weiterbildung Österreich. Bielefeld: DIE, pp. 23-29.
OECD-Prüfbericht zur Erwachsenenbildung in Österreich – Hauptergebnisse. Unveröffentlicht. Wien o. J. Weiters OECD-Prüfung der österreichischen EB (2004). In: Die Österreichische Volkshochschule. 213 (3), pp. 17-21.
Ofner, F., Wimmer, P., (1998) OECD-Studie zur Finanzierung des lebensbegleitenden Lernens. Österreichischer Länderbericht. Wien.
Schlögl, P., Schneeberger, A., (2003) Erwachsenenbildung in Österreich. Länderhintergrundbericht zur Länderprüfung der OECD über Erwachsenenbildung. Wien, p. 22.
Schlögl, P., (2004) Qualitätssicherung und -entwicklung in der österreichischen Erwachsenenbildung. Wien, p. 4.
Schneeberger, A., (2001) Lebenslanges Lernen als Schlüssel zur Informationsgesellschaft. ibw-Schriftenreihe No. 120, Wien, p. 43.
Statistik Austria (Ed.) (2004) Lebenslanges Lernen. Erbgebnisse des Mikrozensus Juni 2003. pp. 15-70.