Franz Senghofer
1904-1998
Die Ereignisse um den Zerfall Österreich-Ungarns und die Gründung der Republik Österreich politisierten den jugendlichen Franz Senghofer. Als Laufbursche 1918 in eine Bank eingetreten, wurde er im gleichen Jahr auch zum Mitglied des Verbandes jugendlicher Arbeiter. Neben seiner Angestelltenlaufbahn, die ihn in verschiedene Bereiche des Geld- und Fremdenverkehrswesens führte, widmete Senghofer seine gewerkschaftlichen Aktivitäten vor allem der Bildungsarbeit. Sein Schwerpunkt lag in der journalistischen Tätigkeit für verschiedene Publikationen der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung, etwa bei der Zeitschrift „Der jugendliche Bankangestellte“.
Während des klerikal-autoritären Regimes und der nationalsozialistischen Besetzung ruhte Senghofers politische Tätigkeit. Im Jahr 1943 wurde er zur deutschen Wehrmacht eingezogen, von der er in amerikanische Kriegsgefangenschaft desertierte.
Nach seiner Rückkehr 1946 stieg Franz Senghofer zur führenden Persönlichkeit des
gewerkschaftlichen Bildungswesens auf. Aus seinen weit gefächerten Aktivitäten seien herausgehoben: 1947 übernahm er die Leitung der Wiener Gewerkschaftsschule. Im selben Jahr begründete er die Vierteljahreszeitschrift „Der ÖGB-Bildungsfunktionär“. 1948 wurde er in die Geschäftsleitung des Wiener Volkstheaters entsandt, wo er entscheidend an der Überwindung mancher Krisen und ab 1954 am Aufbau der Aktion
„Volkstheater in den Außenbezirken“ mitwirkte. Ebenfalls ab 1954 arbeitete er maßgeblich an der Konzipierung und Führung der „Lebensschule“ der Wiener Volkshochschulen mit, wie er sich überhaupt sehr stark der Kooperation zwischen Volkshochschulen und gewerkschaftlicher Bildungsarbeit widmete. Ab 1957 bemühte sich Senghofer auch um die Weckung des künstlerischen Potentials in den berufstätigen Menschen. Mehrmals organisierte er für diese, Ausstellungen und Fortbildungsveranstaltungen unter Leitung anerkannter Künstler. Mit der Eröffnung der Galerie Autodidakt im Jahr 1964 in Wien erhielten begabte Kunstschaffende aus den Reihen der Berufstätigen eine Ausstellungsmöglichkeit. 1966 initiierte er die „Briefschule des ÖGB“, für die er auch selbst mehrere Lehrbriefe verfasste. Nach seiner Pensionierung 1972 war Senghofer noch jahrelang in vielen verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen und publizistisch tätig.
Franz Senghofer unternahm seit seiner Jugend immer wieder ausgedehnte Reisen. Zum einen bewogen ihn die dabei gewonnenen Eindrücke zum Aufbau des Sozialtourismus, um die Urlaubsreise für Berufstätige zu einem Bildungserlebnis zu machen. Zum anderen engagierte er sich als Gewerkschaftsfunktionär ab den sechziger Jahren im internationalen Austausch gewerkschaftlicher Bildungseinrichtungen und beim Aufbau politischer und gewerkschaftlicher Bildungseinrichtungen in Ländern der Dritten Welt, vor allem in Afrika.
Weiterführende Literatur:
Wilhelm Filla (Hrsg.): Franz Senghofer. Ein Leben für die Arbeiterbildung. Wien-München-Zürich: Europaverlag 1984, 328 S.