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Wirtschaftlich-berufliche Erwachsenenbildung

Private Initiativen in der Habsburgermonarchie

Bereits im frühen 19. Jahrhundert traten private Vereinigungen mit Aus- und Weiterbildungsangeboten für Berufstätige hervor. Genannt sei als sehr frühes Beispiel die 1812 gegründete „Gesellschaft adliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen in Wien“, die sich der kunstgewerblichen Ausbildung von Arbeiterinnen widmete. 1833 erfolgte die Gründung einer „Sonntagsschule für Handwerker“ in der die theoretischen Grundlagen der verschiedenen Handwerke vermittelt wurden. 1837 wurde ein „Verein zur Beförderung der Manufakturzeichnung“ gegründet, der sich die Aufgabe stellte, Nachwuchskräfte im Textilgewerbe zu gutem Geschmack und originellem Design bei der Herstellung von Stoffmustern zu führen. 1842 entstand, auch in Form einer Sonntagsschule, in Klagenfurt eine mechanisch-technische Lehranstalt.

Nachhaltigste Wirkung hatte die 1839 erfolgte Gründung des „Niederösterreichischen Gewerbevereins“. Da ihm Beamte, Militärs, Adelige, Wissenschafter und Industrielle angehörten, kam ihm von Anfang an erhebliches politisches Gewicht zu. 1844 richtete der Gewerbeverein eine „Copiranstalt“ ein, in der Musterzeichnen für das Textilgewerbe und Werkzeichnen für das Maschinengewerbe unterrichtet wurde. Diesem Beispiel folgend wurden auch staatlicherseits ähnliche Ausbildungsstätten eingerichtet, wie beispielsweise das Polytechnische Institut. Nach und nach dehnte der Niederösterreichische Gewerbeverein seinen Tätigkeitsbereich über den unmittelbaren Fortbildungsbetrieb aus, der Mitgliedern Informationen über die neuesten Errungenschaften auf den jeweiligen Gebieten bot, und veranstaltete auch Ausstellungen beziehungsweise unterstützte Auslandsaufenthalte junger Gewerbetreibender.

Auf Betreiben des Niederösterreichischen Gewerbevereins erfolgte im Jahr 1848 die Gründung der Wiener Handelskammer zur politischen Vertretung der Interessen der kaufmännischen und industriellen Wirtschaftstreibenden. Bereits im folgenden Jahr richtete die Handelskammer eine Kammerbibliothek ein. Späterhin förderte die Kammer die Einrichtung von Ausbildungsstätten, vor allem jene des „Technologischen Gewerbemuseums“.

Die sechziger und siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts sind geprägt vom Wirken Wilhelm Exners. Im Auftrage des Gewerbevereins unternahm er einige Studienreisen in verschiedene europäische Staaten. Aufgrund der auf diesen Reisen gewonnenen Erfahrungen entwickelte er zahlreiche Vorschläge für die Verbesserung der beruflichen Ausbildung. Mit der Unterstützung des Niederösterreichischen Gewerbevereins kam es 1879 zur Einrichtung des „Technologischen Gewerbemuseums“, das unter Exners Direktion ganztägige, einjährige „Specialcurse“ für Werkmeister und Vorarbeiter durchführte.

Staatliche Maßnahmen

1891 setzte das k.k. Handelsministerium einen Gewerbeförderungsbeirat zur Begutachtung verschiedener Initiativen ein und gewährte einen staatlichen Zuschuss von 10.000 Gulden. Die staatliche Bezuschussung ermöglichte die Ausdehnung der Schulungsangebote des „Technologischen Gewerbemuseums“ auf die anderen Kronländer, teilweise in Form von Wanderlehrgängen, teilweise in mehrwöchigen Kursen in Wien. 1892 wurde in Prag ein tschechisches und in Reichenberg ein deutsches Gewerbeförderungsinstitut eingerichtet, dem bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges gleichartige Institute in Innsbruck, Rovereto, Graz, Görz, Bozen, Krakau, Lemberg und in zahlreichen anderen Städten folgten. Die Institute wurden staatlich subventioniert und von Kammern und Gewerbevereinen unterstützt und betrieben die berufliche Aus- und Weiterbildung in verschiedenen Berufsfeldern.

Erste Republik

In der Ersten Republik gingen die Gewerbeförderungsinstitute in den Aufgabenbereich der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie über. 1929 wurde die Gewerbeförderung innerhalb der Kammer neu organisiert und umfasste die nachstehend angeführten Bereiche:

• Handwerkliches Bildungswesen

• Messe- und Ausstellungswesen

• Wirtschaftliche Organisation und Förderung des Handwerks

• Genossenschaftswesen und gewerbliches Prüfungswesen

• Lehrlingswesen

• Besondere Gewerbeförderungsmaßnahmen

• Gewerbliche Versammlungen und Tagungen

Im Bereich der beruflichen Fortbildung wurden neben schriftlichen Lehrunterlagen nach und nach auch moderne Lehrmittel angewandt. Im Jahr 1932 wurde der erste Lehrfilm – über „Schweißtechnik“ – eingesetzt.

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich wurden die Gewerbeförderungsinstitute zerschlagen und die Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie aufgelöst.

1920 wurde als Gegengewicht zur Handelskammer die Arbeiterkammer geschaffen. Ihre Aufgabenbereiche umfassten unter anderem

• Interessenvertretung für Arbeiter und Angestellte in Handel, Gewerbe und Industrie

• Begutachtung und Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen

• Erstellung sozialwissenschaftlicher Materialien

• Berufliche Aus- und Weiterbildung von Arbeitern und Angestellten, fachliche Schulung für Betriebsräte.

Auf dem Gebiet der Bildung gingen die Arbeiterkammern auch eine enge Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen ein.

Im Zuge des autoritären Staatsumbaus 1934 wurde als Vertretung der Arbeiter und Angestellten der in seinen Leitungsgremien vom Sozialministerium besetzte „Gewerkschaftsbund der österreichischen Arbeiter und Angestellten“ gegründet, dem die Arbeiterkammern als Geschäftsstellen eingegliedert wurden. 1938 wurden beide Organisationen aufgelöst.

Zweite Republik

Noch 1945 wurden die alten Gewerbeförderungsinstitute unter dem Namen Wirtschaftsförderungsinstitut ins Leben gerufen.

Im Jahr 1959 gründeten Gewerkschaften und Arbeiterkammern das Berufsförderungsinstitut, um ihre Bildungsmaßnahmen zusammenzuführen.

Secondary literature:

1920-1995. 75 Jahre Kammer für Arbeiter und Angestellte. Hrsg. v. Bundesarbeitskammer, Wien 1995.

Niederösterreichischer Gewerbeverein. Festbeiträge aus Anlass der neunzigjährigen Bestandsfeier, Wien 1929.

Sztankovits, Elisabeth: Geschichte der beruflichen Erwachsenenbildung in Österreich. Die Vorgänger der Wirtschaftsförderungsinstitute, Wien 1981.

Dampfmaschine Mit der Industriellen Revolution stieg auch die Herausforderung für die berufliche Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen. © Österreichisches Volkshochschularchiv
Computer Die computertechnische Revolution brachte seit den 60er Jahren des 20. Jahhunderts einen gesteigerten Bedarf an wirtschaftlich-beruflicher Qualifizierung. © Österreichisches Volkshochschularchiv