Volkshochschulen
Von den drei Wiener Volksbildungsvereinen – dem
Wiener Volksbildungsverein (1887), der
Wiener Urania (1897) und der
Volkshochschule Volksheim Ottakring (1900) – war es der jüngste, der in seinem Gründungsstatut das Wort „Volkshochschule“ verwenden wollte. Allerdings wurde diese Selbstbezeichnung dem Verein verboten, da amtlicherseits die Auffassung vertreten wurde, dass eine Hochschule nicht für das Volk da sei und eine derartige Benennung somit eine Anmaßung darstelle. Um die Gründung dennoch zu ermöglichen, erklärten sich die Unterstützer mit der Bezeichnung „Volksheim“ einverstanden. Die Bezeichnung „Volksheimler“ wurde in der Folge ein wichtiges Element der persönlichen Identität der Vereinsmitglieder.
Obwohl von der Behörde verboten, setzte sich die Bezeichnung „Volkshochschule“ in der Umgangssprache durch, auch wenn die entsprechenden Einrichtungen sich in ihren offiziellen Bezeichnungen nicht so nannten. So trat ab 1902 die „Volkshochschule“ Steyr nur als „Zweigstelle ohne Ausschuss“ des
Oberösterreichischen Volksbildungsvereins auf.
In der Ersten Republik kam es dann auch außerhalb Wiens vereinzelt zu Gründungen von Volkshochschulen, wie beispielsweise im Jahr 1919 der „Freien Volkshochschule St. Pölten“. Die Bezeichnung „Volkshochschule“ signalisierte im Allgemeinen, dass die sich so benennende Einrichtung sich der weltanschaulich neutralen, wissenschaftsorientierten Bildungsarbeit verpflichtet fühlte.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges traten die Volkshochschulen in Österreich einen förmlichen Siegeszug an. Neben die wieder gegründeten alten Einrichtungen trat eine Vielzahl von Neugründungen. Derzeit schwankt die Zahl der Volkshochschulen, bedingt durch Schließungen, Gründungen und Zusammenlegungen, um 280. In ihrer Gesamtheit und im Hinblick auf die Angebotsvielfalt bilden die Volkshochschulen die größte Erwachsenenbildungseinrichtung Österreichs.
Allgemein kann gesagt werden, dass die Volkshochschule die Erwachsenenbildungseinrichtung der Städte oder der größeren Gemeinden ist.
War die Rechtsform der ersten Volkshochschulen der Verein, so lassen sich derzeit drei Formen der Trägerschaft unterschieden. Eine Anzahl von Volkshochschulen wird weiterhin von Vereinen getragen. Dies sind vor allem die Volkshochschulen in Wien, aber auch die im Land Salzburg. In großen Bundesländern, wie beispielsweise Oberösterreich oder der Steiermark, ist es die Arbeiterkammer, die ein das ganze Land überspannendes Netz von Volkshochschulen unterhält. Einzelne Volkshochschulen, darunter die derzeit größte Österreichs, die
Volkshochschule Linz, werden von der jeweiligen Gemeinde getragen. Selbstverständlich kommt es zu vielfältigen Kooperationen zwischen den Rechtsträgern hinsichtlich der organisatorischen oder finanziellen Unterstützung der Volkshochschulen.
Das gemeinsame Band, das die Volkshochschulen trotz ihrer verschiedenen Rechtsformen eint, ist programmatisch die Verpflichtung zur Demokratie, zur parteipolitischen Ungebundenheit und auf die Menschenrechte. Daher gehört es zu ihrem Selbstverständnis, keine antidemokratischen, rassistischen, antisemitischen, frauenfeindlichen und andere Menschengruppen diskriminierenden Inhalte und Verhaltensweisen zuzulassen und solchen Tendenzen entgegenzuwirken. Organisatorisch miteinander verbunden sind die Volkshochschulen im
Verband Österreichischer Volkshochschulen.
Secondary literature:
Josef Luitpold Stern, Wiener Volksbildungswesen, Jena 1910.
Walter Göhring, Erwachsenenbildung. In: Erika Weinzierl/Kurt Skalnik (Hrsg.), Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik. Bd. 2, Graz-Wien-Köln 1983, 609-629.
Wilhelm Filla, Volkshochschularbeit in Österreich – Zweite Republik. Eine Spurensuche (Neue Erwachsenenbildung, hrsg. v. Aladar Pfniß), Graz 1991.
Christian H. Stifter, Geistige Stadterweiterung. Eine kurze Geschichte der Wiener Volkshochschulen, 1887-2005 (Enzyklopädie des Wiener Wissens, Bd. III: Volksbildung), Weitra (Verlag Bibliothek der Provinz - edition seidengasse) 2005.
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