Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV)
Die GründungNach dem Zweiten Weltkrieg setzte in Österreich eine Welle von Volkshochschulgründungen ein. In den 40er und den beginnenden 50er Jahren konstituierten sich auch die meisten Landesverbände. Nach mehreren vorbereitenden Gesprächen zwischen Vertretern der Länder Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol wurde am 8. Dezember 1950 in der Wiener Urania die Gründungsversammlung des Verbandes österreichischer Volkshochschulen (VÖV) abgehalten. Für die Verbandsarbeit wurden verschiedene Referate eingerichtet, wobei durch die Schaffung eines Auslandsreferates schon in der ersten Stunde die internationale Orientierung des VÖV zum Ausdruck gebracht wurde.
Ausbau und KonsolidierungDie Hauptaufgabe des VÖV war die finanzielle Absicherung der Volkshochschularbeit. Daneben wurden bereits seit 1951 Überlegungen zur Aus- und Weiterbildung der VolkshochschulmitarbeiterInnen angestellt. Diese führten 1955 zum Ankauf von „Haus Rief“ (ab 1985 Haus Rif), das als Seminarzentrum eingerichtet wurde. Zwar wurde die Zielvorstellung einer ganzjährig betriebenen Heimvolkshochschule nach skandinavischem Muster nie erreicht – was 1995 schließlich auch den Verkauf der Liegenschaft erzwang –, aber während seines Bestehens wurde Haus Rief zum Kristallisationspunkt für eine kontinuierliche MitarbeiterInnenausbildung und für die internationalen Aktivitäten des VÖV. Vor allem die seit 1958 regelmäßig durchgeführten „Salzburger Gespräche für Leiter in der Erwachsenenbildung“ hatten in Haus Rief jahrzehntelang eine Heimstätte.
SelbstvergewisserungIn den 60er Jahren wurde die Standortbestimmung der Volkshochschulen im Bildungssystem intensiv diskutiert. Ergebnis dieser Bemühungen war die 1961 herausgegebene Grundsatzerklärung „Auftrag, Wesen und Stellung der Volkshochschule in Österreich“. 1966 erschien eine überarbeitete, 1979 eine neu formulierte Grundsatzerklärung. Allen Grundsatzerklärungen liegt als Bildungsverständnis zugrunde, dass der Mensch in seiner Persönlichkeit voll entfaltet werden soll, um die um ihn herum stattfindenden sozioökonomischen Wandlungen verstehen und beeinflussen zu können. Erst die Fassung von 1979 nahm in ihren Zielparagrafen auf, dass es auch Aufgabe der Volkshochschule sei, zur Demokratisierung der Gesellschaft beizutragen. Um die Bildungsarbeit im Sinne der Grundsatzerklärungen effizienter zu gestalten, wurde 1969 eine Pädagogische Arbeitsstelle (PAS) gegründet. Ihre Aufgaben waren: andragogische Forschung, Implementierung der Forschungsergebnisse in die Bildungsarbeit, Aufbau eines Archivs, internationale Kooperation. Finanzielle und personelle Unterdotierung verhinderten letztlich die erfolgreiche Erfüllung dieser Aufgaben.
Die Zeit der sozialdemokratischen ReformpolitikDas Jahrzehnt der sozialdemokratischen Alleinregierung eröffnete dem VÖV und der PAS neue Wirkungsfelder. Es sind vor allem zu nennen: die Erstellung und Umsetzung von Medienverbundprogrammen, in denen Volkshochschulen mit Fernsehen und Rundfunk zu einer Bildungskooperation zusammengeführt wurden; die Entwicklung von international anerkannten Zertifikaten im Bereich der Sprachkurse, womit der Anstoß zur Einführung abschlussorientierter Kursmaßnahmen in den Volkshochschulen gegeben wurde; die Entwicklung und Implementierung von emanzipatorischen Frauenbildungsprogrammen. In deren Folge begann auch der Einstieg von Frauen in Führungs- und Leitungspositionen an den Volkshochschulen.
Existenzielle KriseBereits gegen Ende der 1970er Jahre hatte die Belastung durch Haus Rief die Handlungsfähigkeit des VÖV zunehmend eingeschränkt. Man sah sich zu einschneidenden Sparmaßnahmen gezwungen, denen 1983 auch die PAS zum Opfer fiel. Zur Sanierung von Haus Rief wurden Land, Stadt und Universität Salzburg zu einer Trägergemeinschaft für das Anwesen und zur gemeinsamen Nutzung hereingeholt. Ab 1985 begann sich die wirtschaftliche Lage des VÖV zunehmend zu entspannen.
Neue WachstumsschübeEinen erheblichen Fortschritt in Richtung auf eine Professionalisierung der Volkshochschularbeit brachte die 1984 eingeführte Aktion des Unterrichtsministeriums Stellenlose Lehrer in der Erwachsenenbildung. Mehrere Dutzend ausgebildete Pädagogen erhielten durch diese Aktion über den VÖV Anstellungen an Volkshochschulen. Der VÖV könnte aufgrund dieser Personalzuteilung ab 1990 seine Pädagogische Arbeits- und Forschungsstelle (PAF) aufbauen. Der Aufschwung beflügelte auch aufs Neue die bildungstheoretische und bildungspolitische Grundsatzdiskussion, die 1994 in die Veröffentlichung der „Empfehlung für die Gestaltung der Volkshochschularbeit“ mündete. Schwerpunkt dieses Papiers war das lebensbegleitende Lernen und seine institutionelle Abstützung. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre kam es zur Schaffung des Büros Medienpreise, das seit 1998/99 in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Erwachsenenbildung erwachsenenbildnerisch wertvolle Fernseh- und Radioproduktionen mit Preisen auszeichnet.
Derzeitige LageSeit 1995 sieht sich der VÖV einer restriktiven Budgetpolitik seitens der Bundesregierung gegenüber, die seine weitere Entwicklung in vielen Bereichen hemmt. Durch Erschließung neuer Finanzquellen über EU-geförderte Projekte kann der VÖV seine vielfältigen Aktivitäten fortführen und fallweise erweitern.
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