Renner-Institut
Die Einführung öffentlich finanzierter, parteipolitisch orientierter Bildungseinrichtungen Anfang der 70er Jahre hatte einen doppelten Zweck: Zum einen sollen diese Institutionen nach außen wirken, das heißt, den StaatsbürgerInnen Einsicht in politische und gesellschaftliche Zusammenhänge vermitteln und sie so zu politischer Aktivität animieren. Zum anderen sollen sie die Qualifikation der politischen AkteurInnen heben. Politische Akademien waren somit von vornherein auch als Agenturen der Veränderung und Weiterentwicklung für und innerhalb der österreichischen Parteien gedacht.
Im August 1972 wurde der Verein Dr.-Karl-Renner-Institut gegründet und von der SPÖ als Träger der politischen Bildungsarbeit nominiert. Basis dafür war – ebenso wie für die politischen Akademien der anderen im Nationalrat vertretenen Parteien – das „Bundesgesetz über die Förderung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien sowie der Publizistik“. Die Statuten des Vereins wurden so gefasst, dass das Vereinskuratorium mit dem erweiterten Parteipräsidium und die Generalversammlung mit dem Parteivorstand der SPÖ weitgehend identisch sind. Die Finanzierung erfolgt aus dem Bundesbudget und besteht aus einem für alle politischen Akademien gleichen Sockelbetrag sowie einem Zusatzbetrag, der sich aus der Anzahl der Mandate der jeweiligen Partei im Nationalrat errechnet. Aus dieser Form der Finanzierung ergibt sich die regelmäßige Prüfung der Mittelverwendung durch den Rechnungshof.
Karl R. Stadler, der von den Nationalsozialisten vertriebene und Ende der 60er Jahre aus der Emigration nach Österreich zurückgekehrte Historiker der Arbeiterbewegung, wurde zum ersten Direktor bestellt. Gleichzeitig bezog das Institut Büroräumlichkeiten im Haus der „Arbeiterzeitung” in der Rechten Wienzeile 97 in Wien.
Die primäre Aufgabe des Renner-Instituts besteht darin, den Lernenden zu ermöglichen, die Vielfalt der Beziehungen zwischen Mensch und Gesellschaft zu erkennen. Dazu gehören die Grundsätze der politischen Ökonomie ebenso wie die gesellschaftspolitische Rolle der Kultur oder die Funktion der Massenmedien. Es gilt, kritische StaatsbürgerInnen zu erziehen, gleichzeitig aber auch das vorhandene Begabungsreservoir auszuschöpfen und vor allem in jungen Menschen die Freude und Lust, politisch zu wirken, zu wecken.
Für Karl R. Stadler bestand 1973 die Aufgabe des Instituts darin, „das Gedankengut des demokratischen Sozialismus zu vertiefen und zu verbreiten, staatsbürgerliche Erziehung im Sinne der Grundsätze der Bundesverfassung zu fördern und die internationale Zusammenarbeit in demokratischem Geist zu intensivieren.“ Diesen Zielen dienen Schulungen, Seminare, Enqueten, Fernkurse, Stipendien und Forschungsaufträge, Publikationen, selbstständige wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Sozialwissenschaft, internationalen StipendiatInnen- und ReferentInnenaustausch sowie internationale Kooperationen mit gleich gearteten Institutionen. Durch die Gründung von Landesstellen in den Jahren 1973/74 wurde die Bildungsarbeit auf ganz Österreich ausgedehnt.
In den ersten Jahren konzentrierte sich das Renner-Institut darauf, Konzepte sozialdemokratischer Bildungsarbeit zu entwickeln sowie Seminare und andere Vermittlungsformen politischen Wissens und Handelns in der Praxis zu erproben. Gleichzeitig profilierte sich das Institut von Anfang an in der Öffentlichkeit durch Veranstaltungen mit prominenten Persönlichkeiten der Politik, Wirtschaft und Kultur aus dem In- und Ausland.
Da die Unterbringung in den Räumen des Vorwärts-Gebäudes lediglich ein Provisorium war, galt es, einen Ort zu finden, wo sowohl die Büros als auch die Ausbildungseinrichtungen untergebracht werden konnten, um einen kontinuierlichen Studienbetrieb zu ermöglichen. Nach längerer Suche wurde am Khleslplatz im 12. Wiener Bezirk ein entsprechendes Objekt gekauft und renoviert, 1978 erfolgte der Umzug. 1979 nahm das von einer eigenen Betreibergesellschaft errichtete spätere Gartenhotel Altmannsdorf seinen Betrieb auf, so dass SeminarteilnehmerInnen dort untergebracht und verpflegt werden konnten.
Bereits Mitte 1977 war Karl Stadler wegen seiner umfangreichen beruflichen Verpflichtungen an der Universität Linz aus dem Renner-Institut ausgeschieden. Die Renovierung und Ausstattung des Renner-Instituts fand daher bereits unter der Leitung Franz Slawiks, statt. In dieser Phase wurden die Landesstellen stärker als bisher in die Durchführung von Seminaren einbezogen: Dadurch entstand zum einen in ganz Österreich ein dichtes Netz lokaler und regionaler Bildungsveranstaltungen. Andererseits wurde am zentralen Institut Arbeitskapazität frei, die seither in wissenschaftliche Arbeit, die Erstellung von Skripten und Publikationen sowie die Neuentwicklung und Erprobung von Seminarmodellen investiert wird.
Als Franz Slawik 1980 in seinen ursprünglichen Beruf als Schuldirektor in Schwechat zurückkehrte und neue Aufgaben in der niederösterreichischen Landespolitik übernahm, ging die Leitung des Instituts auf den aus Salzburg kommenden Politikwissenschaftler Erich Fröschl über. Unter seiner Leitung wurde das Institut im Wettbewerb mit den politischen Akademien der anderen Parteien und sonstigen politischen Erwachsenenbildungseinrichtungen konkurrenzfähig, indem im Sinne einer dynamischen und kontinuierlichen Professionalisierung die Reichweite der Arbeit des Instituts innerhalb der SPÖ und in der Öffentlichkeit systematisch ausgebaut und neue Felder politischer Bildungsarbeit erschlossen wurden. Mit 1. Jänner 1999 übernahm Karl A. Duffek die Leitung des Instituts, Erich Fröschl wurde Chef der neu gegründeten Akademie für Internationale Politik des Renner-Instituts.
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