Die Lichtbildersammlung der Wiener Urania
Bereits vor der Jahrhundertwende wurde das Lichtbild in der Wiener Volksbildung in Form sogenannter „Skioptikon-Vorträge“ zur Illustration wissenschaftlicher Entdeckungen und technischer Anwendungen eingesetzt. So stand dem »Wiener Volksbildungsverein« (heute: Polycollege Stöbergasse) schon Ende der 1880er Jahre im Saal des Wiener Gewerbevereins ein Skioptikonapparat zur Mitbenützung zur Verfügung. Da sich der Projektor als ausgesprochen publikumswirksames „Zugmittel“ erwies, entschloss sich die Vereinsführung, auch in anderen Sälen, die vom Verein für Vorträge und Veranstaltungen benutzt wurden, elektrisches Licht einleiten zu lassen.
In Kooperation mit dem „Verein Skioptikon“ sowie einer Vielzahl anderer Vereine wurde eine große Sammlung kostspieliger Diapositive zusammengetragen, ein Katalog angelegt und neben der Organisation von Lichtbildervorträgen auch ein unentgeltlicher „Leihverkehr“ eingerichtet.
Auf diesen Vorarbeiten und Erfahrungen konnte die Urania aufbauen. Durch eigene Aufträge für Glasbildserien bei verschiedenen in- und ausländischen Firmen (u.a. Pathe) und durch die Einrichtung einer eigenen Kopierstelle nach der Fertigstellung des Uraniagebäudes 1910 erweiterte sich der Umfang der Urania Glasbildsammlung innerhalb kurzer Zeit beträchtlich.
1911 wurde für die Erstellung eines „wissenschaftlichen Katalogs“ des Urania-Lichtbilderarchivs ein junger Bibliotheksbeamter des Unterrichtsministeriums, Dr. Hans Ankwicz-Kleehoven, herangezogen. Unterstützt von einer Kanzleikraft wurde der gesamte Lichtbild- und Negativbestand geordnet. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte die Urania immerhin bereits über 500 sogenannte Repertoirevorträge sowie über einen weiteren Bestand an Einzelvorträgen, die „auf Kosten der Urania für einen einmaligen Vortrag angefertigt wurden.“ Dieser großteils unikale Bestand, der in der Ersten Republik um fotografisches Material zu insgesamt 940 Vorträgen anwuchs, überstand den Zweiten Weltkrieg glücklicherweise unbeschadet: noch bevor die Urania 1944 durch zwei Bombentreffer schwer beschädigt wurde, waren die Glasbilder in die vergleichsweise sichere Volkshochschule im Außenbezirk Ottakring transportiert worden.
Eine wichtige Zielgruppe für den Einsatz dieses neuen Mediums waren – neben Erwachsenen aller Altersschichten – insbesondere auch Schüler und Jugendliche, für die die Urania unter Leitung des Geografen und Pädagogen Friedrich Umlauft ab dem Jahr 1899 regelmäßig eigene „Schülervorträge mit Lichtbildern“ abhielt. Auf Initiative seines Nachfolgers, Schulrat und Bürgerschuldirektor Josef A. Jaksch, wurden ab 1906 von sämtlichen Wiener Schulen turnusmäßig Schulklassen unter Führung von Lehrern zu den Skioptikonvorträgen in die Urania geschickt. Diese „Schüler- oder Repertoirevorträge“, zu denen neben den Glasdiapositiven auch fertige Vortragsmanuskripte vorlagen, wurden täglich um 14.30 Uhr in zwei großen, 300 und 600 Plätze fassenden Sälen der Urania abgehalten.
Mit Beginn der Ersten Republik strahlten die Urania-Repertoirevorträge dank der rund sechzig Urania-Tochtervereine in den Bundesländern bald weit über Wien hinaus und erreichten neben dem nun verstärkt ins Programm aufgenommenen „Urania-Kulturfilm“ ein Massenpublikum.
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