Lichtbildervorträge als anschauliche Heimatkunde
Abgesehen von Stadtporträts, die auch die dunklen Seiten moderner Urbanität vor Augen führten, von denen jedoch Schüler explizit ausgeschlossen waren, wurde insbesondere bei Schülervorträgen großes Augenmerk auf Heimatkunde gelegt, naheliegenderweise mit stark staatspatriotischer Ausrichtung.
Nachdem selbst den erwachsenen Wienerinnen und Wienern ihre Stadt in ihrer sozialen und kulturellen Vielfalt nicht oder nur wenig bekannt war, wurden Lichtbildervorträge mit erklärendem Kommentar bereits für Schüler und Jugendliche ins Programm genommen, um in Form von virtuellen Stadtführungen entsprechend erzieherisch zu wirken:
„Die Mehrzahl unserer Stadtkinder verfügt über einen beschämend geringen Vorrat von Anschauungen, weil sie eben in dem beschränkten Umkreise einiger weniger Gassen nicht mehr sammeln konnten. Es ist schon oft festgestellt worden, welche erschreckende Armut an direkter Anschauung zutage tritt, wenn die Frage an die Klasse gerichtet wird, wie viele auf dem Kahlenberge waren, diesen oder jenen historischen Punkt ihrer Vaterstadt gesehenen haben.“
Einkommens- und Bildungsunterschiede, unzureichende öffentliche Verkehrseinrichtungen sowie der Mangel an sozialen Erfahrungen und Kontakten jenseits der eigenen sozialen Herkunft und Klasse riefen die Notwendigkeit integrativer Bildungsmaßnahmen auf den Plan. Da „Reisen, Besuche von Ausstellungen, Theatern, Galerien, Kunstsammlungen, Museen, Menagerien, Fabriken und Werkstätten der Industrie (...) für die Mehrzahl aus mancherlei Gründen unmöglich“ waren, sollte der anschaulich-packende Blick auf Lebensweisen und Kulturgüter der Heimat ein kostengünstiges und zugleich bildungswirksames Substitut bieten.
Den einstigen Bildungs- und Anschauungsdefiziten des »Fin de Siecle« verdanken wir den hier erstmals gehobenen Schatz einzigartiger Fotografien, die uns die „Welt von gestern“ in einem ganz anderen, nämlich farbigen Licht näher bringen.
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