Frauenbildung
Bildung für Mädchen und Frauen war im 19. Jahrhundert, sofern sie überhaupt angeboten wurde, nicht mehr als eine Einübung in die zukünftige soziale Rolle. Neben der kurzen und dürftigen Grundschulbildung für Bauern- und Arbeiterkinder gab es für Töchter aus bürgerlichen Familien das Angebot der höheren Töchterschule oder des Lyzeums, wo diese auf ihre Aufgabe als Gattin und Mutter vorbereitet wurden.
Während die Universität Zürich bereits seit 1863 Frauen zum Studium zuließ und andere europäische Universitäten seit den 1870er Jahren diesem Beispiel folgten, öffnete die Universität Wien erst 1897 ihre Tore für Frauen. Ein Jahr zuvor hatte ein österreichischer Ministerialerlass Mädchen die Möglichkeit der Maturitätsprüfung gestattet, die seither an gewissen Knabengymnasien als Externistenmatura geboten wurde. Zunächst blieb das Frauenstudium auf die Philosophische Fakultät beschränkt, 1900 folgte das Medizin- und Pharmaziestudium für Frauen, die Juridische Fakultät gestattete Frauen überhaupt erst nach dem Ersten Weltkrieg ab 1919 den Universitätszugang.
Mit den Anfängen der Frauenbewegung tauchte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert als zentrale Forderung der Ruf nach Bildung für die Frau auf. Bildungskonzepte spielten sowohl auf der Seite der radikalen Fraktion der „öffentlichen“ Frauenbewegung eine große Rolle, deren Protagonistinnen
Rosa Mayreder,
Auguste Fickert und Marie Lang waren und die in der Tradition der Aufklärung die politische, soziale und ökonomische Gleichstellung mit den Männern forderten – als auch auf der des gemäßigten Flügels, der das dualistisches Geschlechtermodell der „Zwei-Sphären-Theorie“ vertrat und die Gleichwertigkeit mit den Männern in kongenialer Ergänzung in Form einer eigenständig entwickelten biologischen und sozialen Wesenheit, der „sozialen“ beziehungsweise „geistigen Mütterlichkeit“ anstrebte.
Der „Verein für erweiterte Frauenbildung“ rief 1892 die erste gymnasiale deutschsprachige Mädchenschule ins Leben. Dennoch war die Frauenbewegung nicht in der Lage, einem größeren Interessentinnenkreis ein Bildungsangebot zu bieten. Auch die Arbeiterbewegung hatte die Frauenfrage auf eine utopisch gedachte Zukunft verschoben und sah in frauenspezifischen Bildungsangeboten keine Priorität.
In dieser dürftigen Landschaft stieß die Volksbildungsbewegung auf besonders großes weibliches Interesse. Ein gemeinsames Ziel verband die Frauen- und die Volksbildungsbewegung: mit den Mitteln von Bildung sozialen und politischen Fortschritt zu ermöglichen.
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