Konfessionelle Erwachsenenbildung
Der Aufschwung vor allem der Naturwissenschaften und des politischen Liberalismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte die christlichen Kirchen Österreichs in arge Bedrängnis. Die politische Meinungsbildung lag zum großen Teil in der Hand der liberal dominierten Presse. Das Reichsvolksschulgesetz des Jahres 1869 drängte den Einfluss der katholischen Kirche auf das Schulwesen erheblich zurück. Die in der Dezemberverfassung von 1867 garantierte Vereinsfreiheit wurde sowohl von der Arbeiterbewegung als auch vom liberalen Bürgertum zur Gründung einer Vielzahl ideologisch-weltanschaulich und wissenschaftlich bildender Vereine genutzt. Wohl versuchten auch die christlichen Kirchen die Gesetzeslage für sich zu nutzen, vor allem auf katholischer Seite war man aber während des Pontifikats Pius’ IX. (1846-1878) sehr zurückhaltend und auf eine starre Behauptung der bestehenden Positionen bedacht (Konkordat von 1855, „Syllabus der hauptsächlichen Irrtümer der Zeit“ 1864, Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubensfragen 1870). Für die evangelische Kirche gab
Nikolaj F. S. Grundtvig hingegen schon frühzeitig Anregungen für neue Formen der Volksbildung. Die katholische Kirche unternahm erst unter dem Pontifikat Leos XIII. (1878-1903), der die Priester anregte, die Sakristei zu verlassen und unter das Volk zu gehen, entscheidende Schritte sowohl zum Aufbau katholischer Erwachsenenbildungsvereine als auch katholisch orientierter politischer Parteien.
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