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Volkshochschule Linz

Eine der erfolgreichsten Volkshochschulneugründungen Österreichs nach 1945 ist die 1947 ins Leben gerufene Volkshochschule Linz. Gründung und Entwicklung vollzogen sich dabei im Kontext der kulturpolitischen Aufbautätigkeit der Linzer Kommune.

Gründung

Am Beginn der bildungspolitischen Diskussionen im Linz der unmittelbaren Nachkriegszeit stand die Überlegung, als Ersatz für eine fehlende Hochschule ein entsprechendes wissenschaftliches Institut zu errichten und dieses quasi als Dachorganisation für sämtliche wissenschaftlichen Bestrebungen in Oberösterreich zu etablieren.

In einer Expertise schlug der damalige Leiter des Kulturamts der Stadt Linz, Herbert Grau, die Errichtung einer „Volkshochschule der Stadt Linz“ als Dachorganisation für alle Volksbildungseinrichtungen vor. Parallel dazu wurden mit dem Land Oberösterreich Gespräche zur Schaffung eines „Volksbildungswerks Oberösterreich“ geführt.

Schließlich entschied sich im Jahre 1947 der Stadtrat (heute Stadtsenat) der Stadt Linz zur selbstständigen Gründung einer kommunalen Volkshochschule. Die neu entstandene Linzer Volkshochschule sollte dabei nicht in Konkurrenz zu den bereits bestehenden Bildungsangeboten verschiedenster Vereine und Organisationen stehen, sondern gleichsam als Dachorganisation Alternativen und Ergänzungen anbieten.

Im damaligen Linzer Bürgermeister Ernst Koref fand sich ein engagierter Vertreter von Erwachsenenbildung und politischer Aufklärung: „Eines kann nicht oft genug und eindringlich genug gesagt werden: Erwachsenenbildung ist nicht eine bloße Liebhaberei von Idealisten und ,Weltverbesserern’, sondern eine ernste Verpflichtung für jedes demokratische Staatswesen.“

Als Einrichtung der Stadt hatte die Volkshochschule Linz von Anfang an einen institutionalisierten Charakter. Die Stadt übernahm die finanzielle Trägerschaft, später trat eine enge Kooperation mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte hinzu. Im Rahmen dieser Kooperation stellte die Stadt Linz die Verwaltung der Volkshochschule einschließlich des Personals bereit, die Arbeiterkammer stellte das Volkshochschulgebäude samt Einrichtungen zur Verfügung. In einem Kuratorium entscheiden Stadt Linz und Arbeiterkammer gemeinsam zu gleichen Teilen über Programm und organisatorische Belange.

Aufschwung

Unter der Leitung ihres ersten Direktors Herbert Grau nahm die Volkshochschule Linz einen raschen Aufschwung. Durch pädagogische und organisatorische Innovationen gewann sie eine Ausstrahlkraft auf das ganze Land und weit darüber hinaus und wurde so zu einem Motor in der Erwachsenenbildungarbeit in Österreich.

Die Errichtung eines eigenen Hauses für die Erwachsenenbildung vermittelte auch baulich die Eigenständigkeit, Akzeptanz und das Prestige dieser Bildungseinrichtung: 1952 wurde mit dem Bau eines Hauses für die Volkshochschule Linz als Erweiterungsbau des Amtsgebäudes der Arbeiterkammer begonnen. 1954 konnte das neue Haus bezogen werden. Die Bezeichnung der Volkshochschule änderte sich damit von „Volkshochschule der Stadt Linz“ auf „Volkshochschule Linz der Stadtgemeinde und der Arbeiterkammer“.

Die rasch steigende Zahl an angebotenen Kursen und die wachsende Zahl an Teilnahmen ließen das Volkshochschulgebäude jedoch bald aus seinen Nähten platzen: Im Kursjahr 1947/48 konnten 5.063 KursteilnehmerInnen gezählt werden, im Kursjahr 1953/54 war die Zahl bereits auf 11.511 angestiegen.

Erst 1974 konnte die Raumnot durch die Übersiedlung in das ehemalige Parkhotel in der Linzer Coulinstraße wesentlich verbessert werden, das aber angesichts der weiter angewachsenen Kurs- und TeilnehmerInnenzahlen nach einigen Jahren ebenfalls zu eng wurde: So fanden etwa im Kursjahr 1995/96 insgesamt 1.918 Kurse mit 23.074 TeilnehmerInnen statt.

Professionalisierung

Ein Merkmal der Linzer Volkshochschule ist die bereits in der Gründungsphase eingeleitete Professionalisierung der Volkshochschularbeit durch die Einführung eines Systems von so genannten hauptberuflichen „Fachreferenten“. Dieses für Österreich damals einmalige System von hauptberuflich tätigen, pädagogischen MitarbeiterInnen und FachreferentInnen fand in vielen anderen Volkshochschulen seine Nachahmung. Den unterschiedlichen Fachbereichen wurden dabei hauptberufliche pädagogische FachreferentInnen zugeteilt. Neben ihren Fachaufgaben hatten die pädagogischen MitarbeiterInnen auch die Gestaltung des Programms und die Ausbildung von ReferentInnen zu betreuen. In der Organisation entstand damit eine deutliche Trennung von Verwaltung und Pädagogik.

Intensive Bildungsarbeit

Die Volkshochschule Linz bemühte sich, ihre Bildungsarbeit auch inhaltlich zu intensivieren. Seit Mitte der 50er Jahre wurden systematisch „Klubs“ für bestimmte soziale Gruppen und Interessensgebiete eingeführt: So kam es zur Errichtung von Senioren-, Frauen- und Jugend-Klubs sowie fachspezifische Interessenklubs, wie etwa ein Filmklub, ein Schmalfilmklub, ein „internationaler Klub“ oder ein Jazzklub.

Der Ausbau einer solchen „intensiven Bildungsarbeit“ verlief parallel zum Ausbau der „extensiven Bildungsarbeit“ in Form der Errichtung eines Zweigstellennetzes über ganz Linz.

Extensive Bildungsarbeit

Aufgrund der stets vorhandenen räumlichen Beengtheit im Haupthaus wurden schon relativ früh verschiedene Kursangebote auf umliegende Schulen verteilt. Aus der Not des mangelnden Platzangebots entwickelte sich schließlich die Tugend der Dezentralisierung der Volkshochschularbeit hinaus in die großen Wohngebiete von Linz. In verschiedenen Stadtteilen und Randgebieten konnten im Laufe der Jahre Zweigstellen errichtet werden: so in Urfahr, der Neuen Heimat, auf dem Spallerhof, in Ebelsberg, in Untergaumberg, am Bindermichl, in Kleinmünchen und in Auhof.

Ziel der Errichtung eines Zweigstellennetzes war der flächendeckende Ausbau der Erwachsenenbildungsarbeit im ganzen Stadtgebiet.

Zielgruppenarbeit

Mittels verbesserter MitarbeiterInnenausbildung wurde versucht, neue Zielgruppen anzusprechen: ArbeiterInnen, Jugendliche, ältere Menschen und Familien. In Linz war der Anteil der ArbeiterInnen an der Gesamtbesucherzahl im Vergleich zu den anderen Volkshochschulen Österreichs am größten und stieg von fünf Prozent im Kursjahr 1947/48 auf 22 Prozent im Kursjahr 1950/51. Insgesamt hatte die Sozialstruktur des Publikums aufgrund der signifikant höheren BesucherInnenfrequenz bei BeamtInnen und Angestellten jedoch einen deutlichen „Mittelstandsbauch“.

Im Geiste der „Chancengleichheit“ der 70er und frühen 80er Jahre orientierte sich die Volkshochschule Linz in Richtung einer stadtteil- und zielgruppenspezifischen Bildungsarbeit für IndustriearbeiterInnen, Frauen, Jugendliche und AusländerInnen. Es kam zur Gründung von „VHS-Stadtteilklubs“, Frauenwochen und Frauenklubs und „Pendlerklubs“ für die Industriearbeiterschaft.

Bildungs- und kulturpolitische Drehscheibe

Offenheit zu Kooperationen mit anderen lokalen Bildungs- und Kulturinstitutionen war seit der Gründung ein konstitutives Element.

Anfang der 50er Jahre kam es zu einer Zusammenarbeit mit der Schauspielgruppe, die sich 1953 als „Scheinwerfer“ selbstständig machte. Das „Jugend- und Betriebsreferat“ der Volkshochschule praktizierte eine so erfolgreiche Jugendarbeit, dass im Jahre 1958 die Stadt diese Agenden in einem neu geschaffenen Jugendreferat übernahm.

Im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Gründung einer Hochschule in Linz war bereits 1948 die „Arbeitsgemeinschaft für technisch-gewerbliches Weiterbildungswesen“ gegründet worden, die ab 1951 an der Volkshochschule Linz Vorlesungen über die ersten vier Semester Maschinenbau und Elektrotechnik anbot.

Eine kritische Auseinandersetzung mit den Massenmedien fand Mitte der 70er Jahre gemeinsam mit dem Verband Oberösterreichischer Volkshochschulen und dem ORF-Landesstudio Oberösterreich im Rahmen der „Linzer Mediengespräche“ statt.

Mit der Gründung der Mediathek und des Selbstlernzentrums für Sprachen trug die Volkshochschule Linz in den 90er Jahren dem Trend zur Individualisierung des Lernens Rechnung. In einem Einkaufszentrum wurde die „Medienwerkstatt Linz“ der Volkshochschule gegründet und ein eigenes Radio- und Fernsehstudio eingerichtet, wo Interessierte selbst Sendungen gestalten können.

Mit der Errichtung des verkehrsgünstig in unmittelbarer Nähe zum Linzer Hauptbahnhof gelegenen„Wissensturms“, der im Jahre 2007 seine Pforten öffnen wird und in dem Volkshochschule, Städtische Bücherei sowie Bürgerserviceeinrichtungen unter einem Dach vereint sein werden, etabliert sich die Volkshochschule Linz wohl auch für die Zukunft als bildungs- und kulturpolitische Drehscheibe der Stadt.

Weiterführende Literatur:

Stifter, Christian: Ein Modell emanzipatorischer Bildungsarbeit. Zur Geschichte der Volkshochschule Linz. In: Hummer, Hubert/Kannonier, Reinhard/Leisch, Peter/Muckenhuber, Christian (Hg.): Menschenrecht Bildung. Volkshochschule Linz, Linz o. J. (1998), S. 15-62.

Stifter, Christian H.: Zur Entwicklungsgeschichte der Volkshochschule Linz 1947-1996. Projektendbericht: 50 Jahre Volkshochschule Linz, Österreichisches Volkshochschularchiv, Wien 1998.

VHS_Linz_Stiegenaufgang Stiegenaufgang der Volkshochschule Linz: auf der „Stufenleiter zum Wissen“ in den 50er Jahren
VHS_Linz_Nach_der_Arbeit Frauen und Männer, Alte und Junge, ArbeiterInnen und Angestellte umringten bereits in den 50er Jahren einen „Turm des Wissens“ - Titelillustration aus der VHS-Zeitung „Nach der Arbeit“, Februar/März 1955 © Volkshochschule Linz
VHS_Linz_Wissensturm_01 Modell des im Jahre 2007 zu eröffnenden „Wissensturms“ der Städtischen Bücherei und der Volkshochschule Linz © Volkshochschule Linz