Bildungsangebote für Frauen
Speziell an Frauen gerichtete Formen der Weiterbildung hatten bereits seit den 20er Jahren Tradition und sind mit einem Namen besonders verbunden: Carola Rosenberg-Blume baute damals an der Volkshochschule Stuttgart eine Frauenabteilung auf, die Bildungsarbeit leistete sowie Umschulungs- und Weiterbildungsangebote an Frauen richtete und bald internationale Bekanntheit erlangte. Die Inhalte der Kurse standen naturgemäß nicht im Widerspruch zum traditionelle Frauenbild der Mutter, Erzieherin und für das Hauswesen Verantwortlichen, auch wenn dieses Bild zuweilen kontrovers diskutiert wurde.
Erwachsenenbildung nach 1945 vermittelte zunächst weiterhin Rollen stabilisierende Bildungselemente. Zwar fehlte nunmehr die schichtspezifische Unterscheidung zwischen bürgerlicher Frau und Arbeiterfrau, stattdessen richtete sich das Angebot an berufstätige Frauen beziehungsweise Hausfrauen. In beiden Fällen standen gesellschaftlich zugewiesene frauenspezifische Aufgabenbereiche im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die mit Haushalt und Kindererziehung betrauten Frauen besuchten die Volkshochschule gleichermaßen zum „Ausgleich“, nicht zuletzt auch als wichtigen Ort der sozialen Kommunikation, und erwarben dabei zum Teil in spezifischen „Frauenkursen“ Kenntnisse und Fertigkeiten, die ihre Rolle unterstützten, wie Handarbeiten, Haushaltsführung, Kosmetik, Mode, Gymnastik, Sprachkenntnisse für den Nachhilfeunterricht der Kinder. Das Kursangebot für berufstätige Frauen berücksichtigte deren Aufgabe, den Haushalt noch rationeller zu führen, darüber hinaus fixierten berufsbildende Kurse wie Maschinschreiben, Steno, Buchhaltung und Lohnverrechnung das klassische weibliche Berufsbild.
Mit Ende der 70er Jahre begannen die Volkshochschulen besonders im großstädtischen Bereich mit Gesprächskreisen für Frauen einen neuen Typus von Bildungsarbeit in ihre Tätigkeit zu integrieren. „Emanzipatorische“ Frauenkurse zielten nunmehr darauf ab, die Lebenssituationen von Frauen und ihre subjektive Befindlichkeit zu verändern. Der Wunsch nach Kontaktpflege allein genügte nicht mehr als Motiv, die Volkshochschule zu besuchen; Frauen ging es nun darum, ihr Selbstvertrauen zu stärken, Durchsetzungskraft zu erwerben und für die Fähigkeit zur Autonomie Unterstützung zu erhalten. Diese Zielsetzung prägte nicht nur die „klassischen“ Frauenangebote wie Kreativitätskurse in neuer Weise. In eigenen Selbsterfahrungsgruppen wurden Alltagssorgen, Erziehungs- und Eheprobleme bis hin zu gesellschaftspolitischen Fragen erörtert. Einen neuen Platz nahmen Beziehungsfragen und bis dahin in der Erwachsenenbildung tabuisierte Themen wie Sexualität ein. Ein veränderter Bildungsbegriff zielte auf Alltagswissen und Erfahrungslernen ab, die neuen Schlagwörter waren Selbstverwirklichung, Identitätsfindung, Konfliktfähigkeit und anderes mehr. Frauen, deren Anteil unter den der Teilnehmenden seit 1945 kontinuierlich anstuieg und heute bei rund 70 Prozent liegt, erfuhren auf neue Weise Aufmerksamkeit als Publikum, etwa in eigens veranstalteten Frauenwochen. Im Gegenzug gab es plötzlich auch eine neue Form der Überprüfung traditioneller Rollenbilder, indem die Rolle des Mannes in der Gesellschaft in spezifischen Kursangeboten berücksichtigt wurde.
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